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Asking Adel Tawil

Lieber Adel Tawil,

ich möchte mich sehr gerne noch einmal persönlich vorstellen und erläutern, warum es ein sehr persönliches Anliegen ist, den Künstler Adel Tawil als nicht angekündigten Überraschungsgast beim Andreus Peace Award zu haben.

Cecily Corti (Initiatorin von Vinzirast, einer Einrichtung, die es Obdachlosen ermöglicht, wieder in das Leben einzusteigen) schreibt in ihrem Buch: „Der ursprüngliche Impuls war, mit etwas zu beginnen, das eine kleine Veränderung bewirken kann. Irgendwo, irgendwas, vor allem um dem Gefühl der Ohnmacht zu entkommen.“ Genau so war es bei mir, bereits vor einigen Monaten. Dabei habe ich vor etwas über einem Jahr noch Unterstützung aus dem Corona-Härtefallfonds bezogen, und im Juli 2021 hat der Bank-Automat für mich auch kein Geld mehr ausgespuckt…  Corona war für mich und mein 2013 gegründetes Unternehmen aus finanzieller Sicht aber auch ein „Glücksfall“, allerdings waren mehr als 300-400 Stunden pro Monat Arbeit im letzten Jahr auch keine Seltenheit.

Mit meinem Unternehmen bauen wir, vereinfacht gesagt, Brücken, bis vor kurzem nur mit Software, heute auf verschiedenen Ebenen und bald auch physische Brücken (in Costa Rica). Zu unseren Kunden zählen unter anderem der FC Bayern München, die Salzburger Festspiele oder das Kunsthistorische Museum in Wien.

Ich darf mich also privilegiert fühlen, ich kann mir ein (moderates) Gehalt auszahlen und auch den Unterhalt für meine 3 Kinder leisten.

Etwas weiter zurück, Anfang 2018, war ich noch verheiratet, verschuldet und mental am Ende. Aus verschiedenen Gründen. Erst der Eintritt meiner nunmehrigen Lebenspartnerin in mein Leben hat mich wieder zurückgeholt, mir neuen Mut gebracht und ich würde sagen, ich habe mehr zu mir selbst gefunden. Sie erinnerte mich an die Liebe. Für die ganze Story würde ein Buch wohl nicht reichen.

Heuer jedenfalls haben wir unter anderem eine Plakataktionen von Künstlerinnen unterstützt, Bücher für Jugendliche angekauft, Kunstunterricht ermöglicht, und noch ein paar Sachen mehr.

Dies alles, um dem Gefühl der Ohnmacht zu entkommen, auch, um etwas getan zu haben. Wenn meine Kinder oder andere Menschen später einmal fragen: Und, was hast du so gemacht, damals? Als der Krieg begonnen hat?

Nun, die Idee eines Friedenspreises hat in den letzten Monaten Formen angenommen, und am 22. Oktober 2022 ist es tatsächlich so weit. Wir bringen an diesem Tag unter anderem Nipun Mehta oder Ali Mahlodji auf die Bühne und verleihen Friedenspreise. Vorwiegend möchten wir dabei aber Menschen vor den Vorhang bitten, die Zeit ihres Lebens bewusst oder unbewusst mutig waren und Frieden geschaffen haben, Konflikte überwunden haben. Scheinbar kleine Schritte dazu sind für den/die Einzelne/n oftmals nur mit großer Überwindung und sehr viel Mut zu machen. Das wollen wir ehren. Und Menschen dazu inspirieren, dies auch zu tun. Um so einerseits inneren Frieden zu fördern und letztlich eine friedlichere Welt zu erschaffen, die wir uns wünschen. „The best way to predict the future is to create it.”

Neben der Friedenspreisverleihung, die werbe- und sponsorenfrei bleiben soll, möchte ich als nächstes Ziel gerne in der Stadt, die behauptet, dass sie so schön anders ist, möglichst viele (alle) Werbeflächen für einen Zeitraum anmieten und mit ausschließlich friedensstiftenden Zitaten wie beispielsweise “Sei du die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt.“ okkupieren. Das übersteigt dann aber doch meine derzeitigen finanziellen Möglichkeiten.

Wenn wir es aber schaffen, andere Menschen oder Unternehmen einzuladen, dass sie hier mitunterstützen, dann könnte dies besser gelingen. Und Nachahmer finden. Davon bin ich überzeugt. Gerne möchte ich Adel Tawil als Überraschungsgast und Geschenk an die Teilnehmer der Friedensveranstaltung auf der Bühne sehen, dazu bin ich auch bereit, den dafür notwendigen Preis zu bezahlen, das ist für mich nicht die Frage. Die Frage, die mir aber bereits gestellt wurde: Wie viel Gutes könnte dieses Geld in sozialen Projekten erreicht werden?

Ein paar Details zum Music Act selbst: Unsere Bühne soll eine (in der Mitte teilbare Videowall) haben. Mit Start des Music Acts sollen die Wände zur Seite geschoben werden und den Blick auf die Band ermöglichen. Wir erwarten im Saal maximal 600 Gäste, mehr sind nicht zugelassen. Vielleicht kommen gar nicht „so viele“ Menschenkinder, Ich möchte aber auch nicht im Vorfeld mit Adel Tawil werben, um mehr Gäste anzuziehen.

Und dann wäre noch eine Sache, die hätte ich jetzt fast vergessen. Die zuletzt zu ehrende Preisträgerin ist meine persönliche, sehr subjektive Entscheidung:

  • Sie verkörpert für mich die bedingungslose Liebe in Reinform. Unterstützung bis zur Selbstaufgabe, mit 80 noch im Labor gearbeitet und so manch jüngere Kollegen dort alt ziemlich alt aussehen lassen…
  • Als Mutter hat sie eigene und noch weitere Kinder großgezogen, war Ersatz-Mama für ihre Enkelin, die die Mutter im Alter von 10 Monaten verloren hat. Es ist die Omi meiner Lebensgefährtin und der Künstlerin, die die individuellen Awards gestaltet hat.
  • Sie ist eine wahre Sensation, dieses und noch weitere Lieder wären ihr Geschenk an ihre Omi, von mir an sie und überhaupt an alle, die an diesem 22. Oktober gekommen sind und hoffentlich gelernt haben werden, wie Frieden aktiv gestaltet werden kann.
Foto: Einer der ersten Awards (noch unfertig).

Kann schon sein, dass ich nur ein Träumer bin, doch ich stell mir vor, wir kriegen das zusammen hin.

So oder so: Der Himmel soll warten, denn ich hab noch was vor (wir hab’n noch ein bisschen was vor)

Herzlichst,


PS: Es gibt so ziemlich viele Parallelen in unser beider Leben. Rauf, runter, … Nur das unanständige Graffiti habe ich nicht gemacht; dafür aber mein Sohn ;-).

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